
Giromodelle optimieren und strategische Ziele erreichen
Das Giroangebot – egal ob privat oder gewerblich – ist Aushängeschild und Ankerprodukt zugleich. „Richtig“ genutzt sind die Potenziale enorm: Keine andere Provisionsquelle erreicht diese Ertragsbedeutung, kaum ein anderes Angebot kann gleichzeitig so erfolgreich zur Neukundengewinnung eingesetzt werden. Es lohnt sich, das Thema strategisch anzugehen…

Autor Andreas Struwe
Datum 25.03.2025
Kategorien Steuerung, Vertrieb
Girokonten: die Menge macht's?
Der Bafin-Kontenvergleich weist für den Privatkunden fast 6.900 verschiedene Giroangebote deutscher Kreditinstitute aus. Die Zahl ist für den Verbraucher so beeindruckend wie bedrückend - für den Produktverantwortlichen der Sparkasse gibt sie einen herausfordernden „Hinweis“ auf seinen „Gestaltungsspielraum“. Und die Variantenzahl ist damit noch nicht abschließend beschrieben, denn der Bafin-Vergleich berücksichtigt viele mit dem Konto verbundene Leistungen (z.B. Mehrwerte) noch nicht. Kein Wunder also, wenn Produktwahl und –gestaltung vor dieser Angebotsvielfalt kapituliert.
Ein weiteres „Mengenthema“: Kein Produkt wird in der Sparkasse durch so viele Kunden und so häufig genutzt, wie das Girokonto inkl. Karten. Angenehmer Effekt: Wenige Cent oder Euro mehr pro Konto summieren sich zu beträchtlichen Provisionssummen auf. Gleichzeitig bilden Konto, Karten & Co die tägliche Verbindung zum Kunden und bieten diverse Chancen zur Positionierung. Die regelmäßige Prüfung und Anpassung der Giromodelle im Privat- und Firmenkundenmarkt ist also mehr als gerechtfertigt
Zielführende Fragestellung dazu: Wie positionieren wir uns als Sparkasse mit unseren Kontoleistungen? Auf welche Zielgruppen stellen wir unser Angebot ab und wie können wir uns vom (lokalen) Wettbewerb abheben?
Die Giro-Positionierung – nach innen und außen
Die vereinfachte Darstellung in Bild 1 verdeutlicht: Die Sparkasse verfügt über einen breiten Optionsraum von Standard bis Premium und Hausbankmodell während Spezialpositionierungen sich nur schwer mit dem Geschäftsmodell vereinbaren oder kommunizieren lassen. Dies erschwert die treffgenaue Marketingbotschaft und führt leider in vielen Häusern zu komplexen Angebotswelten, die für den Vertrieb schwer zu vermitteln sind. Ursache hierfür: Die Ziele der Giroaufstellung sind nicht klar oder man will „zu viel“.
Positionierung Kontomodelle im Markt

Erfolgreiche Giroprojekte zeichnen sich dadurch aus, dass bereits in einer frühen Phase die zielgruppenspezifische Girostrategie diskutiert wird. Dabei wird schnell klar: Nicht alle Ziele lassen sich immer unter einen Hut bringen oder widersprechen sich teils sogar. Ein hohes Ertragsziel im Giropricing beispielsweise kann dem Neukundengewinnungsziel durchaus widersprechen (muss es aber nicht). Bild 2 macht dieses Spannungsfeld deutlich. In unseren Projekten diskutieren wir auf Basis von Potenzial- und Auswirkungsanalysen die qualitativen und quantitativen Ziele der zukünftigen Girowelt mit dem Management. Dies stellt das Fundament für die weitere Ausgestaltung dar.
Typische Fragen sind dabei:
- Welche Ertragsziele streben wir an und wie sollen die Erträge strukturiert sein?
- Wie viele Neukunden wollen wir gezielt gewinnen und aus welcher Zielgruppe?
- Welche Steuerungswirkung möchten wir z.B. hinsichtlich Digitalisierung erreichen?
- Welche Vertriebs- und Marketingstory können und wollen wir transportieren?
- Welche Komplexität in der Produktgestaltung ist für uns dabei noch vertretbar? …
Girostrategie

Welches Konzept passt zu uns?
Auf Basis der formulierten Ziele ist es im nächsten Schritt sinnvoll, das „Grundkonzept“ des Giroangebotes zu diskutieren. Die Mehrzahl der Sparkassen nutzt die „klassische Giromodellgestaltung“ mit i.d.R. mehreren Modellen, die sich hinsichtlich Leistung, Grundpreis sowie Einzelbepreisung unterscheiden. Bei richtiger Ausgestaltung ist dieses Konzept sehr erfolgreich, stößt aber auch an Grenzen hinsichtlich Einfachheit, Neukundengewinnung und Vertriebsstory. Demgegenüber stehen die sogenannten „Paketmodelle“ bei denen der Kunde ein Basisangebot um weitere kostenpflichtige Leistungen je nach Bedarf ergänzt. Paketmodelle sind den Kunden aus anderen Bereichen jenseits der Finanzdienstleistung bekannt und oft positiv belegt. Der Vorteil liegt in einer interessanten Vertriebsstory bei gleichzeitig niedrigem Signalpreis für das Basisangebot.
Grundkonzept des Giroangebotes

Detailarbeit: Die Kalkulation und quantitative Ausgestaltung der Modelle
In der folgenden Detailarbeit besteht die erste Herausforderung bereits in der realistischen Abschätzung der Kundenreaktionen und -wanderungen. Neue Modelle bewirken - insbesondere bei deutlichen Leistungsveränderungen - Kundenreaktionen, die wiederum zu Mehr- oder auch Mindererträgen führen können. Die Auswirkungen müssen fundiert simuliert werden. Dabei sind auch sich verändernde Aufwandspositionen zu berücksichtigen (z.B. für Payback und integrierte Mehrwertleistungen). Spätestens an dieser Stelle lohnt sich der externe Berater mit der breiten Erfahrung und der mathematischen Kompetenz zur Simulation der zukünftigen Erträge. Gleichzeitig hat der Berater die Aufgabe, den kreativen Prozess zur Gestaltung der Modelle mit Input und Moderation zu begleiten sowie die entsprechenden Auswirkungen iterativ zu ermitteln. Durch die Begleitung reduziert sich der interne Aufwand deutlich und auch umfassende Veränderungen der Kontolandschaft werden kalkulierbar.
Kalkulation und Modellgestaltung

Wie sollte man konkret vorgehen?
Egal, ob das Vorhaben allein mit internen Ressourcen durchgeführt oder durch externe Unterstützung begleitet wird, hat sich ein Projektablauf bewährt, in dem auf Basis einer fundierten Analyse der Ausgangslage im ersten Schritt die strategischen Leitplanken zur Neugestaltung der Giromodelle formuliert werden. Dies sollte auf Managementebene geschehen und basiert auf den Analyseergebnissen hinsichtlich u.a. Wettbewerb, Kunden- und Ertragsstruktur, Kundennutzungsverhalten sowie den realistischen Ertragspotenzialen. Darauf aufbauend werden in mehreren Workshops die Giromodelle konzipiert und die Auswirkungen dazu quasi simultan ermittelt. Dies geschieht so lange, bis ein zukunftsfähiges Leistungsangebot definiert ist, das alle Beteiligten überzeugt. Hierzu ist die Einbindung von Praktikern aus dem jeweiligen Markt für die spätere Umsetzung von hoher Bedeutung. Im letzten Schritt ist die eigentliche Umsetzung - von der Administration über die Kundenzustimmung bis hin zur internen und externen Kommunikation - fundiert vorzubereiten. Richtig angegangen, führt die Optimierung der Giromodelle nicht nur zu nachhaltigem Mehrertrag, sondern zahlt auf diverse operative und strategische Ziele in der Marktbearbeitung der Sparkasse ein.
Projektvorgehen

Interesse geweckt?
Sie sind gerade dabei, Ihre Giromodelle (neu) auszurichten oder interessieren sich für das Thema? Dann nehmen Sie doch einfach Kontakt mit uns auf.
KontaktCredit Aufmacherfoto: unsplash
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